Gespaltene Gesellschaft

Es geht ein besorgtes Raunen durchs Land. Man spricht von Spaltung der
Gesellschaft. Wir sollen uns nicht spalten lassen, denn durch die
Spaltung entstünden Streit und Hass und Kriege, heißt es. Lasst uns
einig sein und alle zusammenhalten, wird geraten.
Kann das
funktionieren, und ist das überhaupt gut, wenn wir alle einig sind? Gibt
es denn wirklich eine plötzliche, möglicherweise sogar gezielt
herbeigeführte Spaltung der Menschen? Ich meine: Nein, es gibt sie
nicht!
Gesellschaft ist keine homogene Masse, und das ist gut
so. Die Inhomogenität ist sogar genau das, was fehlt, was geahndet und
unterdrückt wurde. Eine Vielfalt an Meinungen, Motivationen, Zielen,
Farben und Absichten ist ein natürlicher Zustand, der eine dynamische
Stabilität erzeugt.
Der in dieser Zeit als Spaltung empfundene
Zustand ist nicht neu, es hat ihn lange vorher schon gegeben. Doch die
Risse wurden mit moralgeschwängerter Entrüstung und Überheblichkeit
eifrig bedeckt. Die Spaltung, die immer da war, wird nun sichtbar.
Endlich, denn die Risse in der Gesellschaft sind die Wahrheit, nach der
wir suchen müssen. Was nun vielen Menschen Angst macht, ist in
Wirklichkeit eine jeweilige Bündelung der Polarisierung von diesen und
jenen.
Denn: Es gibt schon immer die Systemhelden, Mitläufer,
Duckmäuser und Denkfaulen, die ohne Rückgrat, die Bequemen und die
Bestechlichen. Es gibt immer schon die, deren oberstes Ziel es ist,
reinzupassen; solche, die alles dafür geben, um dazuzugehören, um jeden
Preis. Solche, die durch Gehorsam versuchen ihre Lebenspluspunkte zu
sammeln. Sie hatten bisher leichtes Spiel.
Doch es gibt schon
immer auch die anderen, solche die "Arsch in der Hose" haben und sich
den eigenen Werten verpflichtet fühlen, die ihre Ziele nicht durch
Mauschelei und politisch korrekt, sondern geradeaus erreichen wollen. Es
sind Gnadenlose, Unbequeme, die aus Liebe und für das große Ganze
handeln.
Der Nicht-Systemkonforme wurde als Individuum
separiert, jeder für sich zum Sonderling, zum Einzelgänger, zum
Außenseiter gestempelt. In einer Gesellschaft, die Täuschung und
Selbstverleugnung belohnt, waren sie lästige Klumpen im
Instant-Harmonie-Pudding.
Nun ist die Zeit des Umbruchs.
Getrieben von der Liebe zur Wahrhaftigkeit finden die Separierten
zusammen. Die Welt wird transparent - die einen werden durch die klare
Sicht entblößt und fürchten sich, die anderen können endlich erkennen,
dass sie nicht allein stehen. Sie sind keine Einzelgänger und waren es
nie. Darum wird es egal, ob einer links, rechts, lila oder gestreift
ist, denn sie verlassen das System, das ihnen diese Klassifizierungen
aufgezwungen hat. Es gibt nicht mehr nur diese eine "politisch korrekte
Mainstreamsippe", sondern daneben formt sich eine Gesellschaft mit
anderen Werten.
Kein anderer kann bestimmen, wer zu welcher
Seite gehört. Jeder entscheidet mit seinen Taten und mit seinem Mut für
sich selbst. Das Herz und der Menschenverstand sind die Instanzen.